Vortrag in der Mühle Bohle

 Auf historischer Spurensuche in Wersen

Viel Interessantes über Wersens Vergangenheit wusste Heimatkundler und Lokalhistoriker Wolfgang Johanniemann zu berichten, seine Zuhörer beteiligten sich mit regen Nachfragen. Foto: Astrid SpringerViel Interessantes über Wersens Vergangenheit wusste Heimatkundler und Lokalhistoriker Wolfgang Johanniemann zu berichten, seine Zuhörer beteiligten sich mit regen Nachfragen. Foto: Astrid Springer 

Der Referent ist vor Ort kein Unbekannter, er veröffentlichte bereits zwei Bildbände und viele Artikel zu Lottes Geschichte und war der Einladung des Mühlenvereins gern gefolgt

Mit rund 30 Zuhörern war das Obergeschoss der einstigen Bokemühle gut gefüllt. Sichtlich zufrieden begrüßte Gastgeber Werner Schwentker seine Gäste, die bei einem sommerlichen Gläschen Wein gern mit auf Spurensuche gingen.

Schlechtes Bier sorgt für Schwermut

Mit Auszügen aus August Karl Holsches Bericht zum Tecklenburger Land gab Johanniemann zunächst eine humorige Einschätzung der Grafschafter: Holsche konstatierte 1788, die Tecklenburger seien durchweg melancholischen Temperaments, was vor allem in der Vereinzelung der Gehöfte begründet sei. Zur allgemeinen Schwermut würden aber auch die einseitige Ernährung mit schwerem Milchbrei, Pumpernickel und der Genuss schlechten Bieres beitragen, was das Publikum höchst amüsiert zur Kenntnis nahm.

Bei seiner historischen Rückschau richtete Johanniemann seinen Blick insbesondere auf den Lotter Ortsteil Wersen, erstmals erwähnt im elften Jahrhundert als Werisun. Im Jahr 1150 wurde der Ort bereits als Wersen bezeichnet. Dass der an der Düte liegende Ort schon immer von Hochwasser betroffen war, belegte er mit vielen alten Schwarz-Weiss-Aufnahmen.

Das älteste Bauwerk in Wersen

Rund um die Wersener Kirche wusste Johanniemann viel zu berichten: Die Errichtung einer Kapelle ist auch für 1150 belegt, darüber hinaus soll es einen hölzerner Vorgänger samt Turm gegeben haben. Als Grundsteinlegung der heutigen Kirche wird das Jahr 1271 angegeben.

Die Wersener Kirche ist damit das älteste Bauwerk vor Ort. Aus Sandstein erbaut, war der gelbe Stein auch lange Zeit sichtbar, erst viel später wurde der uns vertraute weiße Putz aufgebracht.

Im Jahr 1804 war die Wersener Kirche sogar noch mit zwei Glocken ausgestattet und bis in das Jahr 1877 wurden Verstorbene im Kirchhof bestattet. Im Jahr 1886 wurde der Glockenturm erneuert.

Beide Glocken wurden jedoch im Krieg konfisziert und eingeschmolzen. Erst zehn Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs waren ausreichend Spenden beisammen, um in eine neue Glocke zu investieren.

Heidnische Kultstätte oder festes Fundament?

Erstaunlich: bei Drainage-Arbeiten fand man 1978 auffallend viele Findlinge unter dem Kirchenfundament, was zu der Theorie führte, es könne sich um eine ehemals heidnische Kultstätte handeln.

„Dafür gibt es jedoch keine weiteren Anhaltspunkte“, stellte Johanniemann klar. Es sei daher wahrscheinlicher, dass die eiszeitlichen Findlinge aus baustatischen Gründen als fester Untergrund zusammengetragen wurden.

Neben der Kirchenhistorie hatte Johanniemann noch jede Menge Geschichten zum Küster- und Schulhaus, zum Nebenzollamt Wersen, zum Gut Bordewisch, zur einstigen Amtsstelle Wersen und anderen historischen Gebäuden zu bieten. Er bedauerte, dass viele der schmucken Häuser aus wirtschaftlichen Gründen dem Abriss zum Opfer fielen.

Auf sichtliches Interesse stieß eine Liste der Telefonanschlüsse in Lotte, Wersen und Westerkappeln aus dem Jahr 1931: „Damals war ein Telefonanschluss noch eine Seltenheit“, erläuterte Johanniemann. Daher kamen die meisten Netzteilnehmer mit einer zweistelligen Nummer aus, nur einige wenige mußten bereits mit drei Nummern angewählt werden. Auf der Telefonliste stehen viele Geschäftsleute, deren Namen man heute noch gut kennt, beispielsweise die ehemalige Brennerei Hinnah in Düte.

Historische Spurensuche wird fortgesetzt

Am Ende des Abends hatte Johanniemann noch jede Menge Erkenntnisse seiner langjährigen, historischen Spurensuche in petto. Gastgeber Schwentker schlug vor, dass man für Halen und Büren einen zweiten Vortragsabend ins Visier nehmen wolle, was auf breite Zustimmung traf. Der Termin dafür wird demnächst bekannt gegeben.